'Die Maske der Barmherzigkeit' ist nach 'Mit der Seele hören' die zweite große Monographie von Harlan Lane über die Geschichte der Gehörlosen. Galt sein Interesse in seinem ersten Werk der Wahrnehmung und Unterdrückung der Gebärdensprache in Europa und Amerika des 18. und 19. Jahrhunderts, beschäftigt er sich in dem vorliegenden Buch mit Strategien der Unterdrückung der Gehörlosengemeinschaft, die er in einen historischen und ideengeschichtlichen Zusammenhang mit der Kolonialisierung fremder Völker und der Vernichtung ihrer Sprachen und Kulturen stellt.
Im Zentrum steht die Situation in den Vereinigten Staaten. Anlaß ist das zunehmende Interesse am Cochlea-Implantat, einem 'bionischen Ohr', das nach dem Scheitern der oralistischen Gehörlosenpädagogik die letzte Gelegenheit bietet, statt sich mit der Sprache und Kultur Gehörloser auseinanderzusetzen, nur ihr Defizit zur Kenntnis nehmen. Verspricht es doch aus dem Gehörlosen einen Schwerhörigen und aus dem Schwerhörigen einen schlecht Hörenden zu machen. Vom audistischen Establishment wird die Existenz einer Gehörlosengemeinschaft, die ihre Sprache und Kultur entwickelt und pflegt, geleugnet, und das Bild von Behinderten aufrechterhalten, die der Fürsorge und Therapie bedürfen. Hinter der Maske der Barmherzigkeit verbirgt sich die Strategie der Hörenden, die Gehörlosengemeinschaft zu dominieren, umzuformen und Macht über sie auszuüben.
Lane, Harlan : Die Maske der Barmherzigkeit. Unterdrückung von Sprache und Kultur der Gehörlosengemeinschaft. Geb. / Hardcover, 359 Seiten, Signum 1994.
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